2.3 Systematische Suche

Außer bei frühen „Übungsarbeiten“ im Studium (Proseminare u. dgl.), wo Sie erst einmal zeigen sollen, dass Sie überhaupt imstande sind, Bibliotheken und Kataloge zu benutzen und Literatur zu finden, ist dieser erste Durchgang bei der Literatursuche nicht ausreichend. Sie müssen einen zweiten Durchgang, die systematische Suche, anschließen.

Sytematische Literatursuche

Abb. 2.4: Sytematische Literatursuche

Grundsätzlich gibt es dazu zwei Möglichkeiten: die Online-Suche im Internet (siehe Kapitel 3: Recherchieren im Internet) und die „Turnschuh-Methode“, d. h. in Bibliotheken, Buchhandlungen usw. gehen und vor Ort suchen. Selbst in Zeiten, wo man schon beinahe alles über das Internet erledigen kann, sollte man auf die Suche vor Ort nicht ganz verzichten:

In einer Bibliothek mit Freihandaufstellung (Präsenzbibliothek) oder in den Regalen einer (großen) Buchhandlung hat man den Vorteil, dass man die zu einem Fachgebiet vorhandenen Werke gleich beisammen hat und sich sofort selbst ein Bild davon machen kann. Oft sind nämlich selbst inhaltlich eng verwandte Bücher unter verschiedenen Schlagwörtern erfasst, und man würde bei einer Suche im Katalog niemals darauf stoßen. Solche „zufälligen“ Fundstücke ergänzen und erweitern die systematische Suche – auch weil sie einen auf weitere Titel und Schlagwörter bringen können.

Früher führten Universitätsbibliotheken drei Kataloge: den alphabetischen (geordnet nach Autor bzw. Ordnungswort), den systematischen (nach Aufstellung, Nummerierung etc. der Bibliothek) und den Schlagwortkatalog (oder Deskriptoren = Begriffe, die den Inhalt des Werks beschreiben). Heute genügt eine einzige Datenbank, die nach mehreren Feldern durchsucht werden kann, u. a. auch nach Stichwörtern (= Wörter, die im Titel oder Text vorkommen). Das folgende Beispiel einer elektronischen Karte aus einem OPAC (Open Public Access Catalogue) zeigt die Hinweise für die weitere Suche bzw. Beschaffung eines Werks.

Elektronische Karteikarte aus einem OPAC

Abb. 2.5: Elektronische Karteikarte aus einem OPAC

Das Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB) ist der „Katalog“ des Buchhandels, der regelmäßig aktualisiert wird. Man kann in ihm nach Autoren, Titeln und Schlagwörtern suchen. In Buchhandlungen kann man eine solche Recherche durchführen und sich das Ergebnis ausdrucken lassen. Das VLB ist ein Service für den Buchhandel und im Internet kostenpflichtig. Allerdings gibt es Online-Buchhandlungen, deren Datenbestand auf dem VLB beruht (ob aktuell oder tatsächlich, ist zum Teil allerdings nicht ersichtlich). Das VLB wird seinem Namen nicht hundertprozentig gerecht: weder sind alle lieferbaren Titel erfasst (das hängt vom Verlag ab), noch sind immer alle Titel wirklich lieferbar.

Die Elektronische Zeitschriftenbibliothek (EZB) ist ein Service zur effektiven Nutzung wissenschaftlicher Volltextzeitschriften im Internet. Dieser Dienst wird inzwischen in 343 Bibliotheken bzw. Forschungseinrichtungen im deutschsprachigen Raum angeboten. Die Titel werden kooperativ gesammelt und die Daten gemeinsam in einer zentralen Datenbank gepflegt. Jede beteiligte Institution kann ihre lizenzierten Zeitschriften eigenständig verwalten und eigene Benutzerhinweise integrieren. Abonnierte Volltextzeitschriften können zusammen mit frei zugänglichen E-Journals in einer einheitlichen Oberfläche angeboten werden. Eine „Ampel“ zeigt die Zugriffsrechte auf eine Zeitschrift an der jeweiligen Bibliothek an. Allerdings: weder die EZB noch die ZDB (Zeitschriftendatenbank, weist Bestand in Deutschland nach) ermöglichen es, nach Artikeln in Zeitschriften zu suchen.

Bibliografien sind gedruckte oder elektronische Literaturverzeichnisse, die ebenfalls regelmäßig aktualisiert werden. Hier werden auch unselbständig erschienene Werke, v. a. Zeitschriftenartikel, erfasst. Der Nachteil ist, dass Bibliografien nie ganz aktuell sind – es vergeht eben eine geraume Zeit zwischen dem Erscheinen eines Artikels und seiner Erfassung bzw. Veröffentlichung in einer Bibliografie.

Jede Methode hat also ihre Stärken und Schwächen. Sie müssen miteinander kombiniert werden, wenn man wirklich systematisch vorgehen will. Hier sind die Vor- und Nachteile im Überblick:

Tab. 2.2: Ergebnisse der Literatursuche
Ergebnisse, bezogen auf… Bibliotheks-kataloge Fachbiblio-grafien VLB UB-Kataloge online
Inhalt Bestand d. Bibliothek alle Titel alle lieferbaren Titel erfasster Bestand einer od. mehrerer Bibliotheken
Vollständigkeit nein – nur Bestand ja, bis Stichtag nein (vergriffene Titel!) nein – nur erfasste Bestände
Artikel (unselbständige Werke) nein ja nein nein
Vorteil vor Ort verfügbar, entlehnbar Vollständigkeit sofort bestellbar vor Ort od. per Fernleihe entlehnbar
Problem nur selbständige Werke Titel z. T. nicht beschaffbar; nicht (ganz) aktuell nur selbst. Werke, Aufnahme ist Sache des Verlags nur selbst. Werke, ab wann erfasst? vollständige Ausgabe der Treffer?

Um eine halbwegs vollständige Literaturliste zu erstellen, kommen Sie also um einen Besuch der Universitätsbibliothek nicht herum. Nur hier haben Sie Zugang zu Bibliografien und Verzeichnissen unselbständig erschienener Schriften (damit sind v. a. Zeitschriftenartikel gemeint). Trotz aller Hilfsmittel sollten Sie sich aber nicht das Ziel stecken, eine wirklich vollständige Literaturliste zu erstellen – außer, das ist selbst schon das Thema Ihrer Arbeit. In diesem Fall tun Sie aber nichts außer Literatur suchen und erfassen. Für jede andere Arbeit, wo Sie die Literatur auch noch auswählen, lesen, rezipieren und diskutieren müssen, wäre das zu viel verlangt. Es gibt inzwischen einfach zu viele Wissenschafterinnen und Studierende, die Arbeiten schreiben müssen, als dass vernünftigerweise gefordert werden könnte, alles auch nur zu finden.

Meistens wird man deshalb einen mehr oder weniger willkürlichen Schlussstrich unter die Materialsuche ziehen müssen. Zum einen sollte man sich schon vorher einen Termin setzen und sich auch daran halten, auch wenn man mit den Suchergebnissen noch nicht ganz zufrieden ist und die Literaturliste noch einige Lücken aufweist. Bei der Ausarbeitung der Argumentation wird meistens sowieso noch die eine oder andere Frage auftauchen, zu der speziell und gezielt noch Literatur gefunden werden muss. Zum anderen kann man die Literatursuche als abgeschlossen betrachten, wenn zu jedem im Konzept aufgeführten Teil oder Argument Material gefunden wurde. Schon deshalb ist es sinnvoll, bei der Literatursuche immer das Exposé der Arbeit dabeizuhaben und auch hin und wieder hineinzuschauen. So kann man gleich die gefundenen Titel vorläufig dem Konzept zuordnen und sich auch orientieren, in welche Richtung Material gesucht werden muss.