Entscheidungsergonomie
24.06.2024
Kapitel 1 Anmerkungen und Überblick
Auf den folgenden Seiten finden Sie Inhalte zum Thema Entscheidungsergonomie (ein englischer Begriff mit ähnlichem inhaltlichen Gehalt ist etwa Behavioral Design). Die ursprüngliche Zielgruppe des Dokuments sind Studierende im gleichnamigen Kompetenzfeld der Angewandten Wirtschaftspsychologie der TH Deggendorf. Ich plane aber, inhaltliche Teilbereiche auch in anderen Veranstaltungen einzusetzen; beispielsweise als Wahlfach in IT-Studiengängen.
Eigentlich könnte man die folgenden Inhalte auch in Buchform herausgeben. Das ist aus unterschiedlichen Gründen nicht praktikabel. Zum einen existiert noch kein finales inhaltliches Gerüst. Dieses – wie auch alle anderen Abschnitte des Dokuments – ist noch im Entstehen begriffen und wird auf absehbare Zeit angepasst, verändert, ergänzt werden. Es werden weitere Abschnitte dazu kommen; vielleicht dampfe ich auch einige Abschnitte wieder etwas ein. Achten Sie auf das Datum des Dokuments, das Ihnen vorliegt.
Aktuell kann ich Ihnen die folgenden Inhalte anbieten:
Für die Zukunft plane ich noch Abschnitte zu den folgenden Themen:
- Kognitive Grundlagen (als Wirtschaftspsycholog:innen hatten Sie dazu in den ersten beiden Semestern Grundlagenvorlesungen)
- Lens Model (als Rahmenmodell zur Bewertung von Urteilen)
- Vorhersagen (als eine besondere Form von Urteilen)
- Noise (als Ergänzung von Biases, wenn es um Fehler von Urteilen und Entscheidungen geht)
- Ausgewählte Bereiche aus dem Gebiet Human Factors (z. B. Usability Engineering)
Da diese Inhalte also noch nicht final festgelegt sind, bietet sich das vorliegende Format an. Internet-Seiten können leichter gepflegt werden als statische Dokumente. Ein großer Vorteil der Internetseiten ist zudem die sehr gute Suchfunktion, die Sie ausgiebig nutzen sollten.
Noch ein Tipp zum Umgang mit dem HTML-Dokument: Durch Klick auf den Burgerbutton (☰) oben können Sie die Navigationsleiste links ein- und ausblenden; ein sehr hilfreiches Feature.
Entscheidungsergonomie
Wenn Sie den Begriff Entscheidungsergonomie googeln, werden Sie nicht viele Treffer erhalten. Den Begriff habe ich mir vor einigen Jahren ausgedacht, um auf eine Lücke hinzuweisen, die ich schließen wollte1.
Meines Erachtens kam damals die angewandte Entscheidundsforschung im Bereich Human Factors/Ergonomie zu kurz. Es gab zwar im Bereich der kognitiven Ergonomie die eine oder andere überblicksartige Zusammenstellung von Entscheidungsverzerrungen. Das hatte aber immer eher eine Art Alibi-Charakter. Mir ging es mit dieser Wortneuschöpfung darum, dass die Ergonomie das Thema Entscheiden ernster nahm. Auch Entscheidungssituationen können gestaltet werden – und das bestenfalls so, dass sie den Entscheidenden “gut passen”. Genauso wie Stühle oder Navigationsoberflächen gestaltet werden können. Genauso wie man die Ergonomie von Software mit Hilfe des Usability Engineering gestaltbar macht.
Daher der Begriff Entscheidungsergonomie. Uns geht es darum, Entscheidungssituationen so zu gestalten, dass das Verhalten – hier das Entscheidungsverhalten – verbessert wird.
Mein Aha-Moment war der, als ich das erste Mal Thinking fast and slow von Daniel Kahneman gelesen habe. Wie Sie sicherlich wissen, halte ich das Buch für großartig. Ihm fehlt aber die Perspektive auf die Anwendung der Erkenntnisse der Entscheidungspsychologie2. Wie sollten Situationen gestaltet werden, damit solche Entscheidungsfehler nicht auftreten? Hier sah ich den Ansatzpunkt für einen eigenen Zweig der Ergonomie von Entscheidungen.
Behavioural Design
Der Begriff “Entscheidungsergonomie” hat sich nicht wirklich durchgesetzt. Da ich ihn aus genannten Gründen aber ganz passend finde, werde ich ihn auch weiterhin verwenden. Sie wissen nun, wie Sie ihn zu verstehen haben.
Ein Begriff, der aktuell weitere Verbreitung findet, ist die Qualifizierung “behavio(u)ral” für ganz unterschiedliche wissenschaftliche Bereiche und Disziplinen: behavioral economics (das Sie als Verhaltensökonomik kennen), behavioral finance, behavioral game theory, behavioral public policy, behavioral operations research u.a.m..
Behavioral bedeutet in den meisten Fällen, dass der ursprüngliche Ansatz des Gebiets um einen psychologische/verhaltenswissenschaftlichen Blickwinkel ergänzt worden ist, bei dem vor allem Erkenntnisse aus der Wahrnehmungs-, kognitiven und Sozialpsychologie Niederschlag finden. So auch beim Behavioral Design (das vielleicht noch besser Behavioral Ergonomics heißen sollte).
Völlig überzeugt bin ich noch nicht, aber ich vermute, dass das, was mir mit dem Begriff Entscheidungsergonomie vorschwebt, durch den Begriff “Behavioral Design” abgedeckt werden kann, der sicherlich der deutlich breiter gefasste der beiden ist. Wir werden sehen.