Lehrkommentar
Die Messung theoriegeladener Konstrukte ist ein wesentlicher Bestandteil empirischer Kommunikationsforschung. In der politischen Kommunikation rücken hier beispielsweise Fragen nach politischer Legitimität oder Politik- und Medienvertrauen der Bevölkerung in den Blick. Doch wird die theoriegeleitete systematische Operationalisierung–sprich: das Messbarmachen der latenten, nicht direkt beobachtbaren Konstrukte–bspw. für die Befragungsforschung im Forschungsalltag oft stiefmütterlich behandelt. Die Skalenerstellung und Konstruktmessung kommt an die in Lehrbüchern angemahnten Ansprüche an Reliabilität sowie Validität oft nicht heran und genügt nicht immer den hohen Ansprüchen an allgemeine Standardisierung und Vergleichbarkeit quantitativer Messverfahren. Fehler bei der Umsetzung führen zu unnötigem Mehraufwand, qualitativ minderwertigen Daten und Komplikationen bei der Schätzung und Güteprüfung voraussetzungsreicher Auswertungsmodelle und der Ergebnisinterpretation. Auch Replikationsstudien oder Anschlussforschung werden durch etliche Probleme bei unzulänglicher Konstruktmessung erschwert.
Das Seminar leitet daher alle Teilnehmenden zunächst durch den Prozess der Reflektion über das Verständnis des Begriffs des sozialwissenschaftlichen Konstrukts und thematisiert die Logik der Operationalisierung mittels geeigneter Indikatoren, so wie die vielen kleinen und großen Fallstricke anhand aktuell viel diskutierter Forschungsbeispiele wie etwa dem Vertrauensbegriff und der Legimitäts- oder Fairnesswahrnehmung. Dabei werden die Besonderheiten reflektiver und formativer Messlogik latenter Konstrukte im ersten Teil des Seminars ausführlich diskutiert und die einzelnen Schritte bei der Skalenerstellung besprochen. Mit Blick auf Modellierung und Auswertung mit Hilfe von Datenanalyseverfahren wird im zweiten Teil des Seminars insbesondere die kovarianzbasierte Modellierung im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse eingeübt.
Alle Teilnehmenden werden mit dem erfolgreichen Bestehen des Seminars dazu befähigt, die Güte bestehender Konstruktmessungen einzuschätzen sowie Erhebungsinstrumente eigenständig und mustergültig zu entwickeln und hiermit erhobene Daten mit gängigen Statistikprogrammen wie R oder AMOS auszuwerten.
Voraussetzung für die Teilnahme am Kurs sind Grundkenntnisse standardisierter Befragungsforschung und linearer Regression. Vorerfahrungen mit AMOS und R sind von Vorteil, werden jedoch nicht vorausgesetzt. Ein Großteil der Literatur im Seminar ist in englischer Sprache.