2.6 Sympathie

Wir sagen eher ja zu Leuten, die uns sympathisch sind. Das ist nicht wirklich überraschend. Das wissen Sie schon lange. Neu ist vielleicht das Ausmaß, in dem Sympathie wirkt. Wenn uns eine Person sympathisch ist, nehmen wir viele weitere persönliche Attribute so wahr, dass sie gut zu diesem sympathischen Grundeindruck passen. Wir schreiben uns sympathischen Personen alle möglichen weiteren Eigenschaften zu: Zuverlässigkeit, Loyalität, Freigebigkeit usw. Das machen wir auch dann, wenn wir zu diesen anderen Eigenschaften keinerlei Informationen haben. Aus einer anderen Vorlesung kennen Sie vielleicht den zugrundeliegenden psychologischen Mechanismus unter der Bezeichnung Halo-Effekt.

Soviel zu den Konsequenzen der Sympathie. Aber welche Determinanten hat die Sympathie? Unter welchen Umständen finden wir jemand sympathisch?

Unter sonst gleichen Bedingungen finden wir Personen sympathischer, die attraktiv sind, die uns ähnlich sind, die uns Komplimente machen oder Lob zollen, denen wir schon öfter begegnet sind (auch wenn wir ansonsten weder gute noch negative Erfahrungen mit ihnen gemacht haben) oder denen wir unter für uns angenehmen Bedingungen begegnet sind.

Besonders interessant ist hier die Ähnlichkeit. Hier reichen tatsächlich schon marginale Punkte. Wenn ihnen im Urlaub weit entfernt von zu Hause jemand aus ihrem Landkreis begegnet, sind Sie dieser Person automatisch gewogener als vielleicht ansonsten. Wenn in einem Verkaufsgespräch der Verkäufer entdeckt, dass Sie beide Anhänger derselben Fußballmannschaft sind, sollte er darauf hinweisen, um Ihnen sympathischer zu erscheinen.

Eben habe ich darauf hingewiesen, dass wir Personen umso sympathischer finden, je häufiger wir ihnen begegnen (in neutralen Situationen). Der Effekt, der dieser Beobachtung zu Grunde liegt, heißt mere exposure effect; er wurde von dem Psychologen Robert Zajonc ausführlich erforscht. Ganz abstrakt – und den entsprechenden Wikipedia-Eintrag zitierend – definieren wir den Effekt wie folgt (Wikipedia, 2021): “Mit Mere-Exposure-Effekt bezeichnet man in der Psychologie die Tatsache, dass allein die wiederholte Wahrnehmung einer anfangs neutral beurteilten Sache ihre positivere Bewertung zur Folge hat.” – In unserem Fall ist die Sache eine andere Person, die wir entsprechend sympathischer finden.

Die Sympathie ist auch am Werk, wenn in Krimis der Verdächtige durch den good cop und den bad cop vernommen wird. Hier ist es vor allem der Kontrast, der dazu führt, eine Person als besonders sympathisch wahrzunehmen.

Wenn wir in Gruppen eingeteilt werden, finden wir die Mitglieder UNSERER Gruppe als tendenziell sympathischer. Wir teilen uns eine Gruppe, sind uns daher ähnlicher und Ähnlichkeit erzeugt Sympathie. Der gegenteilige Mechanismus führt dazu, dass wir die Mitglieder der anderen Gruppe als weniger sympathisch empfinden. Das ist auch der grundlegende Antrieb für die oft bizarr anmutende Feindschaft rivalisierender Sportmannschaften. Das wussten auch schon die alten Römer auszunutzen, wenn sie unter der Überschrift Divide et Impera regierten: lateinisch für teile und herrsche. Diese Redewendung empfiehlt, eine zu beherrschende Gruppe (z. B. ein Volk) in Untergruppen mit einander widerstrebenden Interessen aufzuspalten. Ich zitiere hier wieder sinngemäß aus Wikipedia.

Wir ordnen uns auch ganz gern einer Gruppe zu, die andere positive Eigenschaften aufweist – die zum Beispiel gerade ein Fußballspiel gewonnen hat. Wir haben gewonnen. Die Distanz wird gern erhöht, wenn das Ergebnis weniger positiv ist: Die haben verloren.

Literatur

Wikipedia. (2021). Mere-Exposure-Effekt. Zugriff am 15.08.2022. https://de.wikipedia.org/wiki/Mere-Exposure-Effekt