Kapitel 1 Einleitung

1.1 Antriebstechnik

Der Begriff Antriebstechnik bezieht sich auf eine technische Disziplin, deren Sinn darin besteht mit Hilfe technischer Systeme Bewegung durch Kraftübertragung zu erzeugen. Es ist dabei offen um welche Art des Antrieb es sich handelt. Wie Abbildung 1.1 zeigt, kann eine Unterteilung von Antrieben anhand der Wikrprinzipien erfolgen.

Unterteilung von Antrieben nach Wirkprinzipien

Abbildung 1.1: Unterteilung von Antrieben nach Wirkprinzipien

1.2 Stand der Antriebstechnik

Die achtziger Jahre waren durch eine stark zunehmende industrielle Automatisierung gekennzeichnet. Dies setzte sich auch in den neunziger Jahren, wenngleich gebremst, durch die Konjunkturkrise und verschärft durch den notwendigen Strukturwandel in der Industrie, weiter fort. So beobachtet man in den letzten Jahren eine ständig weiter wachsende Nachfrage nach reaktionsschnellen, wartungsarmen und möglichst kleinen Antriebssystemen in hoher Schutzart. Pneumatische, hydraulische und elektrische Antriebe stehen hier in einer gewissen Konkurrenz. Wegen der einfacheren Steuerung und Regelung weitet sich der Bereich der Elektroantriebe, besonders der drehzahlveränderbaren, laufend aus. Der wichtigste Trend der letzten Jahre war der Systemgedanke. Nicht einzelne Komponenten stehen im Vordergrund, sondern das System „Elektrischer Antrieb“. Die Komponenten müssen in ein System eingebunden werden. Die neuen Kompaktantriebe (Umrichter, Maschine und Getriebe als Einheit) bestätigen diesen Trend. Elektrische drehzahlveränderbare Antriebe sind ein wichtiger und bestimmender Bestandteil vieler Maschinen geworden. Ihr Verhalten beeinflusst in starkem Masse die Qualität und die Kosten der erzeugten Produkte im weitesten Sinn! Die gewünschten Anpassungen der Antriebe an die optimalen Produktionsbedingungen erfordern immer mehr dezentrale drebzahiveränderbare Antriebslösungen. Dies ist ein grosses Entwicklungs- und Wachstumsgebiet, da heute erst ca. 10 bis 20 % der Antriebe drehzahlveränderbar sind. Daher wurden auch in den letzten Jahren für den Markt der drehzahlveränderbaren Drehstromantriebe (AC-Antriebe) hohe Zuwachsraten festgestellt (siehe Abb. 1.2. Alle diese Antriebe werden über Stromrichter als Stellglieder gesteuert oder geregelt betrieben. Drehzahlveränderbare Antriebe gelten daher im Allgemeinen als Stromrichterantriebe. Die rein mechanischen Verstellmöglichkeiten der Drehzahl über Getriebe und die stufigen Verfahren, wie z.B. die Polumschaltung bei Asynchronmaschinen, werden in Zukunft sicher ihre Marktnischen behalten, aber an Bedeutung weiter verlieren. Fernziel ist sicher, alle Antriebe drehzahlvariabel arbeiten zu lassen, insbesondere um Energie einzusparen.

Marktanteile drehzahlveränderbarer Drehstromantriebe

Abbildung 1.2: Marktanteile drehzahlveränderbarer Drehstromantriebe

Drehzahlveränderbare Antriebe werden dabei in vielen verschiedenen Branchen eingesetzt. Eine Übersicht darüber zeigt Abbildung 1.3

Darstellung der verschiedenen Anwendungen für elektrische Antriebe

Abbildung 1.3: Darstellung der verschiedenen Anwendungen für elektrische Antriebe

1.3 Eigenschaften elektrischer Antriebe

Elektrische Antriebe haben im Vergleich zu anderen Lösungen (z.B. pneumatische oder hydraulische Antriebe) folgende besondere Eigenschaften:

  • einfache Energiezufuhr über Kabel
  • hohe Verfügbarkeit
  • sofortige Einsatzbereitschaft
  • leichte Bedienbarkeit
  • umweltschonender Betrieb
  • geringe Leerlaufverluste und hoher Wirkungsgrad
  • kleine Abmessungen mit guten Anbaumöglichkeiten
  • lageunempfindliche Aufstellung (Staub, Wasser)
  • einfache Anpassungen an den geforderten Drehmomentverlauf
  • grosser Drehzahlbereich, verbunden mit einem grossen Stellbereich
  • Nulldrehzahl ist möglich (Stillstandsbelastung)
  • gute Regelbarkeit
  • hohe kurzzeitige Überlastbarkeit
  • Nutzbremsung (Energierückspeisung) möglich
  • geräusch- und erschütterungsarmer Lauf
  • einfache, messtechnische Erfassung der Betriebszustände

1.4 Die Qual der Wahl

In den letzten Jahren gab es eine schnelle Weiterentwicklung bei elektronischen Bauteilen, z.B. bei den verschiedenen hochsperrenden, modernen Halbleiterschaltern (Dioden, Transistoren, Thyristoren, GTO’s, IGBT’s und IGCT‘s) und beim Einsatz der Mikroprozessoren und Signalprozessoren. Diese Fortschritte auf dem Gebiet der Leistungs- und Informationselektronik sowie der verstärkte Trend zum an die Antriebsaufgabe genau angepassten Einzelantrieb bestimmen das Bild in fast allen Industriezweigen, im Handwerk und im Haushalt. Die verwirrende Vielfalt am Markt bei drehzahlveränderbaren Antrieben ist in Abbildung 1.4 zusammengefasst.

Übersicht verschiedener Antriebssysteme

Abbildung 1.4: Übersicht verschiedener Antriebssysteme

1.5 Antriebskomponenten

Elektrische drehzahlveränderbare Antriebe bestehen im Normalfall aus folgenden Hauptkomponenten:

  • Stromrichter als elektronisches Stellglied
  • elektrische Maschine als elektromechanischer Energiewandler (inkl. Regelung)
  • mechanisch gekoppelte Arbeitsmaschine als Verbraucher der mechanischen Energie

Die Aufgabe des Antriebssystems ist es Energie, welche vom Netz zur Verfügung gestellt wird, möglichst verlustarm in mechanische Energie umzuwandeln. Insbesondere aufgrund der wachsenden Anforderungen an die technologischen Prozesse muss der Antrieb drehzahlvariabel sein, wodurch sich die Arbeitsgeschwindigkeit stufenlos anpassen lässt.

1.6 Technologischer Wandel

Während lange Zeit der netzgeführte Stromrichter, zusammen mit der fremderregten Gleichstrommaschine mit Nebenschlussverhalten (GNM), das Feld beherrschte, wurde diese Lösung später vermehrt durch umrichtergespeiste Drehfeldmaschinen, asynchroner (DAM) oder synchroner (SYM) Bauart substituiert. Dies ist vor allem im mechanischen Aufbau der Gleichstrommaschine mit einem Stromwendeapparat begründet. Trotz stark verbesserter Standzeiten der Bürsten wird dennoch, aufgrund des mechanischen Verschleisses des Stromwendeapparates und der Bürsten, ein gewisser Wartungsaufwand erforderlich. Gleichzeitig ist der Stromwendeapparat anfällig bei gewissen Umgebungsbedingungen wie zum Beispiel aggressive Atmospäre, Rüttelkräfte, hohe Drehzahlen bzw. bei Stillstandsbelastung. Eine einfach aufgebaute Käfigwicklung einer Asynchronmaschine, sowie deren vollständige Kapselung ermöglichen den Betrieb bei hohen Drehzahlen und in nahezu jeder Umgebung.

Folglich war es Ziel der Bemühungen der letzten Jahre, die wartungsarme Drehfeldmaschine anstelle der stromwenderbehafteten Gleichstrommaschine einzusetzen. Neuere Halbleiterentwicklungen ermöglichten den Ersatz der aufwendigen Thyristorumrichter durch kompakte Transistorumrichter bis etwa 1000 kW, wobei die obere Grenze fliessend ist. Der Einsatz von Mikroprozessoren mit komplexen Regelalgorithmen kann dem Drehstromantrieb heute die gleichen Eigenschaften verleihen, die bisher nur mit dem Gleichstromantrieb erreicht wurden. Die neuentwickelten Kompaktantriebe mit Umrichter und Maschine als Einheit, stellen einen weiteren Meilenstein dar. Leistungsteil, Steuerteil und die elektronisch kommutierte Maschine (EK) sind als Einheit entwickelt und kommen vorwiegend als Servoantrieb zum Einsatz. Elektrische Direkt-Linearantriebe und direktwirkende Drehantriebe finden als Positionierantriebe im Werkzeugmaschinenbereich oder der Handhabungstechnik zunehmendes Interesse. Sie werden meist als Drehstrommaschinen ausgeführt.