Kapitel 6 Einsatz im industriellen Umfeld

6.1 Netzverhältnisse

Servoverstärker sind für industriellen Einsatz mit den meisten Netztypen, wie zum Beispiel TN bzw. TT- Netzen erhältlich. Um einen einwandfreien Betrieb des Servoumrichters gewährleisten zu können, müssen gewisse Grenzwerte der Spannungsamplitude als auch der Frequenz eingehalten werden. Um Schäden und Fehlfunktionen entgegenzuwirken, schaltet der Umrichter bei Unter- bzw. Überschreiten des zulässigen Spannungslevel (üblicherweise $$10V) ab. Ein Unterschreiten eines minimlane Spannungslevels ist aus dem Grund nicht zulässig, da der Antrieb in diesem Fall nicht mehr in der Lage ist die technischen Nennwerte (z.B. Motorspannung) zu liefern.

6.2 Umgebungsbedingungen

Es gibt eine Vielzahl zusätzlicher Umgebungsbedingungen, die es bei der Projektierung eines Servoumrichters berücksichtigt werden müssen:

  • Aufstellungshöhe
  • Minimale und maximale Umgebungstemperatur
  • Lagertemperatur und -feuchtigkeit
  • Kühlart
  • Störfestigkeit
  • Verschmutzungsklasse nach IEC 60664-1 und VDE 0110-1

Im Normalfall werden Servoumrichter so dimensioniert, dass sie bis zu einer Aufstellungshöhe von 1000m (über Meeresspiegel) ohne Einschränkungen betrieben werden können. Sollte es notwendig werden einen Servoumrichter in grösseren Aufstellungshöhen zu betreiben, muss mit einer Leistungsbeschränkung (Derating) gerechnet werden. Diese Beschränkung ergibt sich aufgrund der reduzierten Wärmeabfuhr aufgrund des geringeren Luftdrucks. Ausserdem beeinflusst der Luftdruck die Überschlagsfestigkeit der Luft als Isolationsmedium. In ähnlicher Art und Weise beeinflussen die maximale und die minimale Umgebungstemperatur (üblicherweise 0-40\(^{\circ}C\)) die Dimensionierung des Servoumrichters. Sehr hohe Umgebungstemperaturen bedingen u.U. die Installation zusätzlicher Kühlmethoden (z.B. Wärmetauscher). Bei sehr niedrigen minimalen Umgebungstemperaturen müssen u.U. Kühlkreisläufe (soweit vorhanden) durch Zugabe entsprechender Chemikalien (z.B. Glykol) vor dem Gefrieren geschützt werden. Diese Chemikalien beeinflussen wiederum die Wärmekapazität des Kühlmediums und somit die Wärmeabfuhr. Die Lagertemperatur kann negative Auswirkungen (Tiefentladung) auf vorhandene Kondensatoren haben. Die Luftfeuchtigkeit während der Lagerung hingegen kann zu Kondensation und somit zur Oxidation verschiedener Materialien führen.

6.3 Kabeldimensionierung und -verlegung

Die Kabelauswahl sowie deren Verlegung haben einen signifikante Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und die Lebensdauer eines Servoumrichters. Massgebend für die Auswahl der zu verwendenen Kabel sind dabei die Strom- und Spannungsbelastung. Um elektromagnetische Störeinflüsse auf die Steuer- und Messtechnik zu minimieren ist auf eine räumliche Trennung von Leistungs- und Steuerleitungen zu achten. Die Art der Verlegung der Leistungskabel spielt ausserdem eine Rolle, da diese einen Einfluss auf die Abstrahlung elektromagnetischer Felder und gleichzeitig die Erwärmung der Kabel haben kann. Es gilt die hersteller- und landesspezifischen Vorschriften zu berücksichtigen.

6.4 Elektromagnetische Verträglichkeit

Im Falle Elektromagetischer Veträglichkeit wird grundsätzlich zwischen zwei Aspekten unterschieden:

  • Störfestigkeit
  • Störaussendung

Störfestigkeit beschreibt dabei die Fähigkeit eines Gerätes unter dem Einfluss einer elektromagnetischen Störung ohne Funktionsbeeinträchtigung betrieben werden zu können. Eine hohe Störfestigkeit ist somit ein Qualitätsmerkmal, welches ein Gerät charakterisiert das auch unter dem Einfluss elektromagnetischer Felder betrieben werden kann. Die Störaussendung hingegen beschreibt das Emissionsverhalten eines Gerätes in Bezug auf die Abstrahlung elektromagnetischer Signale, die wiederum andere Geräte beeinflussen können. Hersteller von Servoumrichter streben somit eine geringe Störaussendung ihre Produkte an.

Laut Europäischer EMV-Richtlinie wird elektromagnetische Verträglichkeit folgendermassen definiert:

Elektromagnetische Verträglichkeit ist die Fähigkeit eines Apparates, einer Anlage oder eines Systems, in der elektromagnetischen Umwelt zufriedenstellend zu arbeiten, ohne dabei selbst elektromagnetische Störungen zu verursachen, die für alle in dieser Umwelt vorhandenen Apparate, Anlagen oder Systeme unannehmbar wären.

Die EMV-Produktnorm EN 61800-3:2018 umfasst Drehzahlveränderbare elektrische Antriebe, wodurch diese Norm auch Servoumrichter umfasst. Um die geltenden Grenzwerte bei der Projektierung einer Applikation für Servoumrichter müssen bekannt sein, wozu entsprechende Normen herangezogen werden (z.B. EN 550xx). Es muss allerdings berücksichtigt werden, das die elektromagnetische Verträglichkeit eines Servoumrichters ebenfalls massgeblich von der Art und Weise der Installation und eventuellen Zusatzkomponenten (z.B. Filter und Drosseln, Schrimung der Leiter) abhängt. Alle Hersteller von Servoumrichtern sind dazu verpflichtet Hinweise zur EMV-gerechten Installation Ihrer Produkte zu veröffentlichen. Die korrekte Umsetzung der Installation liegt hingegen in der Verantwortung des Anlagenbauers bzw. -betreibers.