Einführung in die Quantitativen Methoden

Das Modul “Quantitative Methoden” vermittelt Ihnen grundlegende Kenntnisse, die in vielen Modulen Ihres Studiums relevant sein werden. Es behandelt quantitative Ansätze und Methoden, die auch insbesondere im Risikomanagement wesentlich sind. Statistische Verfahren, wie wir sie in diesem Modul kennen lernen, spielen eine wichtige Rolle bei der Quantifizierung von Risiken. Ein paar Beispiele seien im Folgenden genannt:

Eine wichtige Anwendung ist beispielsweise die Bewertung von Risiken und Kapitalanforderungen. Kapitalanforderungen zur Risikoabdeckung werden häufig mit dem Value-at-Risk-Ansatz erfasst. Dabei wird der Wert einer Position als Zufallsvariable betrachtet, die einer statistischen Verteilung folgt. Im Finanzdienstleistungsbereich ist dieser Ansatz gemäß den aufsichtsrechtlichen Vorgaben von Basel II/III und Solvency II vorgegeben.

Mindestkapitalanforderungen an Versicherer dürfen entweder nach einer Standardformel oder anhand interner Modelle berechnet werden. Bei der Berechnung der Eigenkapitalanforderungen werden Annahmen über die Verteilung der Einzelrisiken und deren statistische Abhängigkeiten berücksichtigt (siehe Abhängigkeitsmaße und statistische Unabhängigkeit in den Kapiteln 1 und 5).

Ein weiteres Einsatzgebiet sind die Liquiditätsanforderungen an Banken. Gemäß Basel III müssen Banken ausreichende Mittelzuflüsse sicherstellen, um einen 30-tägigen Liquiditätsengpass am Markt zu überstehen. Die Fristentransformation wird begrenzt, indem eine mittel- und langfristige Refinanzierung gefordert wird. Die Faktoren für Mittelzu- und -abflüsse für die Liquiditätsanforderungen sind allerdings vorgegeben, so dass die in der Bank erforderlichen Berechnungen eher deskriptiver Natur sind (siehe Kapitel 1).

Die Quantifizierung von Ausfallrisiken erfolgt entweder durch externe Ratings oder durch interne Verfahren, die von der Bankenaufsicht genehmigt werden müssen. Ratings werden mithilfe statistischer Verfahren erstellt.

Weiterhin sind vergleichbare Anwendungen auch außerhalb des Finanzdienstleistungssektors zu finden. So muss z.B. im Energiesektor eine stabile Versorgung mit Strom und Gas sichergestellt werden, wobei das Vorhalten von Energie mit Kosten verbunden ist.

In Aktiengesellschaften oder anderen großen Unternehmen müssen gemäß KonTraG geeignete Maßnahmen getroffen werden, um den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh zu erkennen. Auch hier können statistische Ansätze zum Einsatz kommen.

Personen, die mit Risikomanagement- und Revisionsaufgaben betraut sind, müssen entsprechend qualifiziert sein. Durch Ihr Studium erwerben Sie die Voraussetzungen, um diese Anforderungen zu erfüllen und das operationelle Risiko zu reduzieren.

Das Modul beginnt mit der deskriptiven Statistik (Kapitel 1), die Informationen in einem Datensatz beschreibt und veranschaulicht. Es werden Kennzahlen zur Charakterisierung von Datensätzen behandelt. Des Weiteren werden Zusammenhänge zwischen Variablen betrachtet. Damit lassen sich bspw. Fragen nach den Auswirkungen von Rauchern auf die Kosten in der privaten Krankenversicherung oder nach dem Effekt eines sinkenden Bruttoinlandsprodukts auf die Zunahme von Unternehmensinsolvenzen unter den Kreditnehmern einer Bank beantworten (siehe auch Kapitel 5). Im weiteren Verlauf des Moduls werden Wahrscheinlichkeiten behandelt. Es werden theoretische Grundlagen gelegt (Kapitel 2 und 4) und wichtige Wahrscheinlichkeitsverteilungen vorgestellt (Kapitel 3). Wir lernen Schätzverfahren kennen, mit denen unbekannte Parameter aus einer Verteilung geschätzt werden können (Kapitel 6). Weiterhin wird die induktive Statistik behandelt, welche Schlussfolgerungen von Stichproben auf die Grundgesamtheit ermöglicht. Dabei werden statistische Unsicherheiten quantifiziert (u.a. durch Konfidenzintervalle, Kapitel 7). Abschließend werden verschiedene statistische Testverfahren vorgestellt (Kapitel 8).

Bei den Übungsaufgaben werden nicht ausschließlich berufsbezogene Themen behandelt. Die Anwendung statistischer Verfahren auf Alltagserfahrungen soll die Übertragbarkeit der Verfahren verdeutlichen und den Zugang erleichtern. Relevante Beispiele aus der Praxis können und sollen Sie sehr gerne während unserer (virtuellen) Treffen einbringen.

Das Handbuch profitiert von den Folien von Prof. Dr. Dietmar Pfeifer, der sein Fachwissen über die Anwendung statistischer Verteilungen in Versicherungsunternehmen großzügig zur Verfügung gestellt hat. Die Inhalte wurden von Prof. Dr. Christiane Goodfellow überarbeitet. In die hier neu vorliegende Fassung gingen zudem Anregungen von Dr. Peter Krug ein. Die Beispiele und Übungsaufgaben stammen zu einem großen Teil aus Barrow (2017) und Zucchini et al. (2009).

Literatur:

Barrow, Michael. 2017. Statistics for Economics, Accounting and Business Studies. Pearson Education Limited. https://plus.orbis-oldenburg.de/permalink/f/126s6ph/JBElbs881838667.
Cottin, Claudia, and Sebastian Döhler. 2013. Risikoanalyse. Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-00830-7.
Dehling, Herold, and Beate Haupt. 2004. Einführung in Die Wahrscheinlichkeits-Theorie Und Statistik. Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/3-540-35117-5.
Fahrmeir, Ludwig, Christian Heumann, Rita Künstler, Iris Pigeot, and Gerhard Tutz. 2016. Statistik. Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-50372-0.
Zucchini, Walter, Andreas Schlegel, Oleg Nenadić, and Stefan Sperlich. 2009. Statistik Für Bachelor- Und Masterstudenten. Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-88987-8.